ESSWEILER: Die Sprengelburg ist längst nicht so alt, wie es scheint - Seit 1983 als Baudenkmal ausgewiesen
An ein tausend Jahre altes Bollwerk wird der Vorüberkommende erinnert. Dafür sorgt das wuchtige Gemäuer. Zur Straße hin scheinen Hunderte von Jahren ihre Spuren hinterlassen zu haben. Denn das Bruchsteinmauerwerk ist rußgeschwärzt. Die Mauern an der Rückseite dagegen erscheinen frischer und natürlicher im Farbton. Nuancen von rötlich bis rötlich-gelbem Natursandstein prägen hier das Bild.
Die Festung indes ist längst nicht so alt, wie es scheint. Von dem "Kind der Gegenwart", einer gelungenen Rekonstruktion der Burganlage, ist die Rede: der Sprengelburg oberhalb des Talbaches, an der Landesstraße zwischen Eßweiler und Oberweiler im Tal gelegen. Die Mauern sind gerade mal zwischen 15 und 25 Jahre alt. Am Schwarz der Steine sind natürliche Einflüsse schule: Luftverschmutzung und Mikroorganismen. Von der einstigen Anlage waren vor drei Jahrzehnten nur kümmerliche Überreste vorzufinden, ein unförmiger Haufen von unbrauchbar scheinenden Bruchsteinen.
Der Beginn der "Burgen-Auferstehung" geht auf Bemühungen der 70er Jahre zurück. Der Landkreis Kusel und die Ortsgemeinde Eßweiler ergriffen damals die Initiative. 1976 wurden die kargen Reste der Burganlage von einer amerikanischen Arbeitsgruppe der Universität Maryland freigelegt. Die Leitung der mühsamen und zeitaufwändigen Arbeiten hatte Professor Th. Higel übernommen. Und das Landesamt für Denkmalpflege in Speyer ließ die Mauern im heutigen Erscheinungsbild wiedererrichten.
Nachgebaut wurden die einstige Ringmauer und der mächtige Burgfried als Zeugnisse der einst auch "Apringeburg" genannten Befestigung. Über sie und ihre Bewohner hat man sich in früherer Zeit wundersame Legenden erzählt. Hier soll in einem, "feinen Schloss" ein "adliges Geschlecht" gewohnt haben. Die "Mühlensteins" habe man die Adligen genannt. Wohl deshalb, weil sie im Schilde ihres Wappens einen Mühlstein und einen Mühlhaken geführt haben sollen. Überhaupt: Als die Menschen noch ohne Radio und Fernseher lebten, sie vorwiegend im Winter in größerer Runde zum "Majen" zusammenkamen, wurden gerne Überlieferungen und Ereignisse erzählt. Sie waren Höhepunkte abendlicher Zusammenkünfte, selbst wenn sich dann so mancher Zeitgenosse auf dem Heimweg furchtbar fürchtete.
Aus jener Zeit stammt auch folgende Mär im Zusammenhang mit der Sprengelburg: Menschen, die in abendlichen Stunden oder in der Nacht auf Schusters Rappen von Oberweiler im Tal nach Eßweiler unterwegs waren, verspürten an der ansteigenden Straße zum "Landscheidchen" immer wieder eine plötzliche Last. Sie konnte unmöglich vom Rucksack herrühren. Das Gewicht auf dem Buckel wurde manchmal als so schwer empfunden, dass sie starke Männer in die Knie gezwungen haben soll. Das Eigentümliche war, dass in Höhe der einstigen Sprengelburg abrupt das Gewicht nicht mehr zu spüren war. Die Erklärung hierfür: Das bucklige Männlein, das hier zu Hause war, hatte sich wieder einmal auf dem Rücken eines Menschen den Berg hinauftragen lassen. Ob in der Gegenwart der Bucklige immer noch umgeht, ist nicht überliefert. Da er jedoch nicht jünger geworden ist, könnte es schon mal geschehen, dass er heute auf ein fahrendes Auto aufspringt und sich auf kurzer Strecke als blinder Passagier befördern lässt.
Die einstige Festung wird manchmal auch "Springelburg" genannt. Ihr Wiederaufbau war nach zwölfjährigem Wirken im Jahre 1988 abgeschlossen. Ein Bauteil weist auf die heutige Zeit hin: Die Rundtreppe aus verzinktem Metall und mit Gitterrosten als Stufen. Seit 1983 ist die Sprengelburg als Baudenkmal ausgewiesen. Erwähnenswert ist, dass Arbeiter bei Ausgrabungen im Jahre 1978 auf das Skelett einer etwa 25-jährigen Frau stießen. Die Burg wurde um das Jahr 1100 erbaut und kurz vor dem Jahr 1400 zerstört. Sie fiel nicht wie so viele andere im pfälzischen Raum dem Dreißigjährigen Krieg oder den Pfälzischen Erbfolgekriegen zum Opfer, sondern einer durch Straßburger Kaufleute verübten Vergeltung.
Von Rudi Lanzer
RON - Rheinpfalz Online 10. Oktober 2002