Wer an eigentümliche Musiklandschaften Deutschlands denkt, wird nicht auf Anhieb im Gebiet der heutigen Pfalz danach suchen. Und doch hatte die höfische Musik der zweiten Hälfte des 18. Jh. während der Regentschaft des KURFÜRSTEN KARL THEODOR in Mannheim (1742-1777) für die Musikkultur der Welt Bedeutung erlangt. Sein Wittelsbacher Verwandter CHRISTIAN IV., von 1740-1775 etwa zeitgleich Herzog von Pfalz-Zweibrücken, unterhielt nicht nur enge musikalische Verbindung zu Kurpfalz, die sich in gelegentlichen gemeinsamen Konzerten des für die Klassik sehr bedeutsamen Mannheimer Orchesters mit der Zweibrücker Hofkapelle dokumentierte - man denke an die Feierlichkeiten zum Karlstag auf Schloß Petersheim in der Nähe Kusels -, sondern wurde zum ,,Mittler zwischen den kulturellen Zentren Mannheim und Paris, in deren Spannungsfeld die (Zweibrücker) Residenz stand". Mannheimer und Zweibrücker Komponisten ebnete CHRISTIANS IV. Mäzenatentum den Weg in die Seine-Metropole.
Eng war auch der Kontakt des westpfälzischen Herzogtums zur zunftgebundenen Musik des Elsaß, wo die Zweibrücker Herzöge in der Nachfolge der Rappoltsteiner Grafen als Pfeiferkönige die Schirmherrschaft über die Bruderschaft der Pfeifer im Elsaß innehatten. Letzter Pfeiferkönig war HERZOG MAXIMILIAN JOSEPH, der spätere erste bayerische König. Es mag Zufall sein, daß sich in der Nord- und Westpfalz, also im damals Bayerischen Rheinkreis, im 19. Jh. ,,zunftähnliche Organisationen" herausbildeten, wie sie sich im Pfälzer Wandermusikantentum aufzeigen lassen; schlüssige Verbindungen sind weder zur Zweibrücker Hofmusik noch zum Elsässer Pfeifertum nachweisbar. Festzuhalten bleibt: Das Wandermusikantentum liefert einen wichtigen Aspekt der Pfälzer Musikgeschichte des 19. Jhs. und stellt, wiewohl es im Unterschied zur Situation im 18. Jh. auf Teile der West- und Nordpfalz beschränkt bleibt, einen unverzichtbaren Bestand gesamtpfälzischen Geschichtsbewußtseins dar. Erste Zeugnisse für ein Musikantentum in der Region tauchen in Personalstandsakten nach der Einführung der französischen Revolutionsgesetzgebung im Jahre 1798 auf, welche den linksrheinischen Gebieten Gewerbefreiheit und somit den freien Wettbewerb brachte. Immer häufiger sind dort Berufsbezeichnungen wie ,,Musigand, musicus oder musicien" aufgeführt, eine Benennung, die zu Zeiten des Zunffzwanges nicht möglich war. Mehrfache oder wechselnde Berufsangaben sind die Regel.
PETER HEBEL IV. (1806-1858) aus Rothselberg nennt sich Wirt, Landkrämer, Musikant und Ackerer. Sein im Ort noch heute bestehendes Gasthaus wird in der Bevölkerung "Zum Spielmann" genannt, was auf alte Traditionen der Sippe HEBEL schließen läßt. Die Gründe, wie das Musikantentum zu einem Wandermusikantentum werden konnte, sind in der allgemeinen Bevölkerungsgeschichte des 19. Jhs. zu suchen.
Ursachen
Überbevölkerung, wirtschaftliche Not und Hungersnöte, die als Anstoß für eine Auswanderungswelle in bayerischer Zeit nach 1816 von der Pfalzgeschichtsschreibung genannt werden, führen auch in der Nord- und Westpfalz zur Suche nach einem Ausweg aus der ökonomischen Misere. Eine Möglichkeit der temporären Auswanderung bieten das Wandergewerbe - man denke an die Schlappeflicker aus dem Pirmasenser Raum, an die Kesseiflicker aus Matzenberg, die Besenbinder aus Ramberg oder die Devotionalienhändler aus dem Gossersweilerer Tal - oder die Arbeitswanderung in Richtung Südfrankreich.
Die Gründe, weshalb sich in der Nordwestpfalz, genauer gesagt im Bereich der Landkommissariate Kusel, Kaiserslautern, Homburg und Kirchheim-Bolanden, ein Wandergewerbe ausgerechnet mit dem ,,flüchtigen" Handelsgut Musik herausbildete, sind nicht vollständig zu klären. Die wirtschaftliche Notlage in der Heimat jedenfalls kann die einzige Triebfeder nicht sein, denn sie könnte für andere, weitaus ärmere Gebiete Deutschlands auch geltend gemacht werden. Einzelne Musiker oder Kapellen, wie sie sich für andere, kleinere Wandermusikantengebiete in Deutschland (Salzgitter, das Obere Eichsfeld oder das Limburger Gebiet) ausfindig machen lassen, können für unseren Raum, trotz so bedeutsamer Pioniere wie HUBERTUS KILIAN (*1827, Jettenbach; gest. 1899, Eßweiler) oder MICHEL GILCHER (1822-1899, Eßweiler), nicht als alleinige Initiatoren gelten.
Ist also in der Region nicht doch eine besondere Neigung oder gar Begabung in musikalischer Hinsicht zu finden? Wenn ja, durch wen wurde sie grundgelegt? Wurde die Liebe zum Instrumentalspiel etwa durch zugewanderte Bergleute oder durch Glaubensflüchtlinge aus traditionellen Volksmusiklandschaften ,,importiert"? Haben Zweibrücker Hofmusiker nach Auflösung der Kapelle als Lehrmeister fungiert? Fragen über Fragen, die allesamt nicht schlüssig zu beantworten sind!
Tatsache aber bleibt: Nach 1830 ziehen aus der Westpfalz Kapellen hinaus nach Frankreich, in die Schweiz, nach Holland, England, Irland, Skandinavien und Rußland, erobern ab der Jahrhundertmitte Nord- und Südamerika, Südafrika, China, Neuseeland und Australien und sind um 1900 mit schätzungsweise 2 500 Musikanten unterwegs in der gesamten zivilisierten Welt, um mit Musikmachen ihr Brot zu verdienen.
Reisevorbereitung
Im Spätherbst stellte der Kapellmeister seine Partien, Banden oder Kapellen in Besetzungen von drei bis zu 20 Mann zusammen, studierte mit den ,,Engagisten" eifrig in wöchentlichen Proben das neue Programm ein, sorgte für einheitliche Uniformkleidung seiner Musiker, schloß bei Überseereisen Schiffsakkorde ab und bemühte sich um feste Verträge mit Partnern, die sein Ensemble als Schiffs-, Kur-, Kaffeehaus- oder Zirkuskapelle für die Dauer einer Saison verpflichteten. Im Reiseland selbst mietete er eine Dauerwohnung für seine Leute, die er auch zu verpflegen hatte. Die Ehefrau eines jüngeren Musikers - Musikantinnen blieben die Ausnahme - führte meist den Haushalt. Da die Kapellenmitglieder aus dem Bekannten- oder Verwandtenkreis stammten, blieben disziplinarische Schwierigkeiten im Zusammenleben eine Seltenheit.
Besetzung
Die instrumentale Besetzung der einzelnen Gruppen war sehr variabel. Neben der Triobesetzung mit zwei Geigen und Baßgitarre findet man auch stattliche 15- bis 20-Mann-Kapellen, die neben reiner Blasmusik auch sogenannte Streichmusik -gemeint ist in Wirklichkeit eine Mischbesetzung mit Streich- und Blasinstrumenten - auszuführen hatten. Eine Standardbesetzung verfügte gewöhnlich über zwei Geigen, Kontrabaß, Flöte (auch Piccolo), zwei Klarinetten, zwei Trompeten (gelegentlich auch Flügelhörner), zwei bis drei Hörner (Alt in Es oder/und Tenorhörner in B), Bariton und Tuba. Ein Musikant sollte, entsprechend den unterschiedlichen Anforderungen bei Freiluft- oder Konzertmusik in Innenräumen (Stuhlkonzerte), mindestens zwei Instrumente spielen können, eines als Hauptinstrument zur Ausführung tragender Melodiestimmen und eines als Nebeninstrument, mit dem er zumindest die Begleitstimmen auszuführen hatte.
Lehrmeister
Die jüngsten Musikanten, die gerade schulentlassenen ,,Osterbuben", begnügten sich vorerst mit dem ,,Abstoßen", der Ausführung der Begleitstimmen. Ihre instrumentalen Fertigkeiten hatten sie sich bei einem älteren, nicht mehr reisenden Meister zu Hause angeeignet. Einen besonderen Ruf unter den Lehrmeistern genossen der Kaulbacher LUDWIG CHRISTMANN (Vater des Nestors der Pfälzischen Volkskunde ERNST CHRISTMANN), JAKOB und AUGUST RECH aus Etsehberg und der aus Godelhausen stammende, später in Mackenbach wirkende LUDWIG JAKOB. Man erinnere sich an die in den Zünften praktizierte Art der Ausbildung! Das meiste erlernten die jungen Musiker aber wohl erst durch die tägliche Praxis unterwegs, denn eine regelrechte Musikschule nach böhmischem Vorbild fehlte zum Leidwesen der Musiker und trotz vieler vergeblicher Vorstöße in der Pfalz gänzlich.
Um so erstaunlicher ist das hohe Niveau der Spielkultur der meisten Kapellen. Wie wäre es sonst erklärbar, daß eine große Zahl unserer Wandermusikanten in den USA beispielsweise in renommierten Orchestern und Bands verpflichtet wurde? Stellvertretend für viele seien in dieser Beziehung genannt: DANIEL KUNTZ aus Oberstaufenbach, Gründungsmitglied und Erster Violinist des 1881 gegründeten Bostoner Symphonieorchesters, GEORG DRUMM aus Erdesbach, Kapellmeister am Broadway und im Stadtteil Bronx in New York, PETER CONDE aus Reipoltskirehen, Gründer der ersten Musikschule in Philadelphia, JAKOB HAGER, Solotrompeter an der Metropolitan-Opera in New York, KARL RECH, Erster Geiger im Philharmonischen Orchester und an der Met in New York sowie RUDOLPH SCHMITT aus Eßweiler, Soloklarinettist in den Orchestern von Chicago und San Francisco.
Fast ist man versucht, die Westpfalz als das Konservatorium für wichtige Ensembles der USA in der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg anzusehen. Teilen darf man jedenfalls die Einschätzung des Julliard-Professors ARTHUR CHRISTMANN, eines Nachfahren der bekannten Kaulbacher Musikantensippe: "Es steht außer Zweifel, daß die Pfälzer Musikanten in großer Zahl einen beachtenswerten Beitrag zu dem früheren musikalischen Leben in der Stadt New York und bis zu einem gewissen Maß auch in anderen Staaten Amerikas geliefert haben." Das Bild von den ,,MACKENBACHERN" (ein Sammelbegriff für alle Pfälzer Wandermusikanten schlechthin), wie es besonders in der Vorderpfalz gerne gezeichnet wird, als von mehr schlecht als recht an Straßenecken herumfiedelnden oder blasenden Schnorranten ist also schief und paßt keineswegs auf einen Großteil der ihr Handwerk in professioneller Weise ausübenden Pfälzer Musikanten.
Repertoire
Ihr Repertoire, das der Kapellmeister über Winter in unterschiedlich große Notenbücher (aufsteckbar auf die Marschgabel oder fürs Holzpult gedacht) in öfters wechselnder Instrumentation und Bearbeitung fein säuberlich von Hand aufschrieb, ist ebenso mannigfaltig wie die Besetzungsformen. Vom einfachen Lied über modische Gebrauchstänze bis hin zum Potpourri damals moderner Opernmelodien und -ouvertüren reicht die Bandbreite des Repertoires. Zeitgenössische Musik aus Oper und Konzert wurde auf diese Art, neben unterhaltsamer Gebrauchsmusik, unters Volk gebracht. Wo sonst, etwa in der Met in New York, hätte der einfache Bürger Bekanntschaft mit VERDI oder WAGNER machen können?
Aus den Stimmbüchern läßt sich unschwer erkennen, welche Reiseländer von den einzelnen Kapellen bevorzugt wurden, weil der Anteil an Folklore-Titeln auf die ethnische Zusammensetzung der Zuhörerschaft schließen läßt. Englisch-irische Reeis und Lancers weisen den nach Großbritannien Reisenden aus, entsprechendes Liedgut zeigt, daß die Reise nach Skandinavien oder Rußland ging. Besonders vielfältig sind die Folkloretitel, die im Schmelztiegel Amerika benötigt wurden, wobei in den USA die Anzahl an Stücken wie Ragtime, Cake Walk, One Step oder Two Step verblüfft, die sich als Vorformen des Jazz verstehen lassen - und dies zu einer Zeit, als Europa noch kaum Notiz genommen hatte von jener die Musik unseres Jahrhunderts derart prägenden afro-europäischen Musik der Neuen Welt.
Eigenkompositionen
Ganz nach der Gepflogenheit der Unterhaltungs- und Tanzmusik im 19. Jh., man denke nur an die Straußdynastie in Wien, haben in aller Regel auch die Kapellmeister der Pfälzer Wandermusikanten ihre Autorität in kompositorischen Eigenschöpfungen dokumentiert durch Werke im Stile ihres sonstigen Repertoires. Nicht weniger als 260 Kompositionen dieser Art - vom Marsch bis zur Ouvertüre - konnte ich in den vergangenen Jahren aufspüren, sortieren und teilweise auch wieder spielbar machen. Die 1988 vom Landkreis Kusel in Zusammenarbeit mit dem Südwestfunk produzierte Schallplatte ,,Mit Notenbuch und Geige um die Welt" enthält 13 solcher Titel für die unterschiedlichsten Besetzungen und von mannigfaltigem Charakter.
Unter den 30 Komponisten (vieles bleibt wohl auch unwiederbringlich verschollen) sind besonders GEORG DRUMM (*1874, Erdesbach; gest. 1959, New York), OTTO SCHWARZ (1876-1961, Hinzweiler), MICHEL GILCHER (1822-1899, Eßweiler), HUBERTUS KILIAN (* 1827, Jettenbach; gest. 1899, Eßweiler), LUDWIG CHRISTMANN (1857-1937, Kaulbach) und RUDOLF MERSY (1867-1949, Aschbach), der ASCHBACHER MOZART, zu nennen. DRUMM schrieb nicht nur die 1952 zum Präsidentenmarsch des Weißen Hauses bestimmte Komposition "Hail America", sondern führte auch mit der U.S. Marine Band zahlreiche eigene Werke auf, die das Publikum noch heute gerne hört. Näheres dazu in ..,,Zum Beispiel: Der Landkreis Kusel", S.157 ff.
Florierendes Gewerbe
Die wirtschaftliche Bedeutung des Wandermusikantentums, das man nicht als abenteuerliches Vagantentum mißverstehen darf, erwächst aus dem organisatorischen Geschick des Meisters, der durchaus als Kleinunternehmer anzusehen ist, und aus der Disziplin sowie dem Willen zu strikter Sparsamkeit aller Beteiligten in der Fremde wie in der Heimat. Ein Wochenlohn, das Netto-Einkommen eines Wandermusikanten von 5 bis 10 Goldmark für den Anfänger oder von 20 bis 30 Mark für den Avancierten, war durch die meisten Lohnabhängigen in der Heimat in aller Regel nicht zu erwirtschaften. Noch bedeutend mehr verdiente ein Meister, wenn er in der Wahl des Arbeitsfeldes eine glückliche Hand bewies. Die Kapelle KILIAN machte beispielsweise in einem einzigen Jahr (1863/1864) in Schanghai einen Gewinn von 13 000 Dollar (1 Dollar = 4,20 Mark). Für 3 000 bis 6 000 Mark konnte man sich in der Westpfalz um 1900 ein Haus bauen lassen!
In den Hauptorten Mackenbach und Jettenbach wurden mit Musikantengeld damals ganze Straßenzüge erstellt, für die Zeit nach Abschluß der Wandertätigkeit wurde vorsorglich Land erworben, und beträchtliche Spareinlagen wurden getätigt. JOHANN SCHWARZ II. aus Hefersweiler konnte von seinem in 23 Jahren verdienten Geld 5 Hektar Ackerland erwerben, einen Bauernhof errichten und überdies noch 40 000 Mark Spargeld beiseite legen. Wer nicht in die Landwirtschaft investierte, erbaute sich ein schmuckes Wohnhaus mit jenem als ,,Musigande-Gewwel" (Musikantengiebel) bezeichneten charakteristischen Merkmal, das, an Bauformen des Historésmus angelehnt, einen bescheidenen Wohlstand des stolzen Bauherrn dokumentieren sollte (~ S.421 ff).
Für die ökonomische Prosperität bedeutsam waren aber nicht nur die Leistung des Musikers selbst, sondern in nicht unerheblichem Maße auch die Tatkraft, Sparsamkeit und Umsicht der zu Hause gebliebenen Ehefrau, der neben den Mutterpflichten die Sorge für die Großfamilie und den landwirtschaftlichen Betrieb oblagen. Handwerker, wie Kappenmacher, Uniformschneider, Färber, Schuhmacher und Instrumentenbauer, profitierten ihrerseits vom florierenden Musikgewerbe. Die Sippen der PFAFFS in Kaiserslautern und der SANDERS in Kaiserslautern und Wolfstein brachten das Instrumentenbauerhandwerk auf eine beachtliche Höhe.
Abgesang und Ende
Einen deutlichen Rückgang des Wandermusikantengewerbes verursachte der Erste Weltkrieg, der viele Reisenden in aller Welt überraschte und in die Internierung führte. In den 20er Jahren blieb das internationale Arbeitsfeld den Musikern weitgehend verschlossen. Wer es schaffte, sah sich nach einem anderen Betätigungsfeld in Bergbau oder Industrie um. Wenige Gruppen zogen in der Inflationszeit auch weiterhin zum Ständeln durch die Lande. Außerhalb der deutschen Grenzen bot besonders der Zirkus wieder ein Arbeitsfeld für Musiker, unter denen vor allem die Mackenbacher sich hervortaten. In der Hitlerzeit erwirkte der Gauleiter, daß die Westpfälzer Musikanten wieder in deutschen Großstädten musizieren durften. Bedingung hierfür waren die Mitgliedschaft in der Reichsmusikkammer und das Ablegen einer Eignungsprüfung. Die einzelnen Kapellen mußten mindestens eine Besetzung von sieben Mann aufweisen und wurden einem Großstadtbezirk von etwa 30 000 Einwohnern zugeordnet. Das endgültige Aus besiegelte dann der Zweite Weltkrieg.
Die meisten Musikanten waren wohl froh darüber, im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Kriege in der Heimat einen sicheren Arbeitsplatz gefunden zu haben, denn, so sagte es einer von ihnen, man habe zwar schönes Geld verdient, wovon man sich leicht auch zwei Häuser habe bauen können, doch ein ,,Leben" sei die ewige Wanderschaft in der Fremde eben doch nicht gewesen. Die Ehefrau nickte bestätigend dazu.
Was bleibt vom stolzen Erbe für die Nachgeborenen? Zum Identitätsbewußtsein des Pfälzers sollte nicht bloß die Rhein-, Wein- und Burgenromantik beitragen, sondern auch der Respekt vor der Leistung der Wandermusikanten aus der Nordwestecke unserer Pfalz: Die Achtung vor der Art, wie sie ihr Schicksal meisterten, vor ihrer musikgeschichtlichen Leistung, die darin besteht, einen Brückenschlag zwischen den Völkern, ihren unterschiedlichen Kulturen und Musiktraditionen geschaffen zu haben, Achtung auch vor der erstaunlichen Qualität ihres Instrumentalspiels und vor ihrer Fähigkeit, neben der rein reproduktiven Betätigung auch zu echter Kreativität vorgestoßen zu sein.
Von Paul Engel, Kusel